Sprechblasen der Menschlichkeit
Zwei syrische Comiczeichner im Flandernbunker - Hala Ismaeil und Ziead Zankello:
„Sprechblasen für die Menschlichkeit“
Bei der Flucht über die Ostsee 1945 war der Kieler Flandernbunker eine militärische Schaltzentrale zur Koordination. Heute ist er Diskursort der Erinnerungskultur für Frieden und Völkerverständigung. Nicht zum ersten Mal hat Amnesty International dort nun um Asyl für die Kunst gebeten, um eine Ausstellung für junge Künstler, die heute als Asylanten in Schleswig-Holstein leben.
Am kommenden Sonntag eröffnet der Verein Mahnmal Kilian daher um 11 Uhr in Kooperation mit Amnesty International die Ausstellung „Sprechblasen für die Menschlichkeit“ im Flandernbunker. Rund 50 Karikaturen zeigt das Künstlerpaar Hala Ismaeil und Ziead Zankello.
Hala Ismaeil und Ziead Zankello stammen aus Aleppo, machten 2015 den klassischen Weg so vieler Flüchtlinge: in die Türkei, mit dem Schlauchboot nach Griechenland auf die Insel Samos, von dort nach Athen, Mazedonien, Serbien, Ungarn, Österreich, dann über Hamburg und Reinfeld nach Boostedt, drei Wochen Kaserne, dann eine Asylanten-WG in Büdelsdorf. Heute lebt das junge Ehepaar mit anerkanntem Asylstatus in Rendsburg – und zeichnet Comics. Beide sind Profis, haben in Aleppo Kunst und Visuelle Kommunikation studiert. Beide unterrichten heute, leben teils noch von öffentlicher Unterstützung, beide wollen da raus, wollen sich durch ihren kreativen Beruf selbst finanzieren.
Schon seit 2014 geben die beiden das „FASCHAL.Magazin“ heraus. Faschal bedeutet Scheitern. „Es gibt keinen Grund, sich für ein Scheitern zu schämen, solange wir nicht aufgeben und weitermachen“, sagt das Künstlerpaar. Das Monatsmagazin erschien zunächst in arabischer und türkischer Sprache, heute in Arabisch und Deutsch. Die Sprache der Comics wählen sie, „weil unsere Generation nicht liest“, weil Bilder schneller zu verstehen sind. Mit ihren Bildern erzählen sie wahre syrische Geschichten, erzählen von unterdrückter Meinungsfreiheit, von Gefängnis und Folter, von Widerstand, Waffen und Gewalt, von der Suche nach Gerechtigkeit und einem menschlichen Wertesystem in einem arabischen Land, dessen Weg in die Demokratie erstickt worden ist. Doch sie bleiben nicht in ihrer kriegszerrütteten Vergangenheit stehen, blicken auch mit kritisch-ironischem Blick in unsere Konsumgesellschaft, auf die negativen Auswirkungen der Technologie, auf soziale Phobie, weil diese Erscheinungen in der heutigen Gesellschaft beitragen zum Scheitern in Bezug auf das soziale Leben, auf Familie und Arbeit.
Die Ausstellung wird am Sonntag, den 8. März um 11 Uhr im Flandernbunker eröffnet. Es sprechen für Amnesty International Barbara Sommerfeld, für den Verein Mahnmal Kilian Dr. Jens Rönnau.
Die Ausstellung ist bis zum 11. Juli 2021 im Flandernbunker zu sehen, Mo-Fr 11-15 Uhr, So 11-17 Uhr.