Flandernbunker aussen Seitenansicht Sommer web

Im November 11 x Theater, Vortrag und Lesung

Thespis, ein Stück zur Pogromnacht 1938, Vortrag zum Volk der Sahrauris, Lesung zum 100. Geburtstag von Wolfgang Borchert

Vielfach freier Eintritt - Reservierungen ratsam, bei Thespis Vorverkauf über Theater Kiel

Das hat es in der Dichte noch nicht gegeben: Neunmal ist der Flandernbunker im November Theaterspielstätte – man könnte ihn fast als neues Theaterstudio in Kiel bezeichnen. Zum einen wird der einstige Militärbunker jetzt mehrfach Spielort des Thespis-Theaterfestivals. Sodann wird es sieben Aufführungen im Gedenken an die Pogromnacht 1938 geben und schließlich einen Vortrag mit Film und Musik zu einem bedrohten Volk der Westsahara.

Gedenken an die Pogromnacht

Start ist am 8. November um 19 Uhr mit der Uraufführung der im letzten Jahr verschobenen szenischen Lesung „Adressat unbekannt“ von Kressmann Taylor. Im Rahmen der Veranstaltungen zu 1700 Jahren Jüdisches Leben in Deutschland und in Kooperation mit dem Landesbeauftragten für politische Bildung, der Stadt Kiel und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit realisiert der Verein Mahnmal Kilian sieben Aufführungen. Es lesen die Kieler Schauspieler Ivan Dentler (Regie) und Felix Zimmer.

„Adressat Unbekannt“, erstmals 1938 im New Yorker 'Story Magazine' veröffentlicht, ist ein literarisches Meisterwerk von beklemmender Aktualität. Gestaltet als Briefwechsel über das Ende der Freundschaft zweier Galeristen in der Zeit des Nationalsozialismus.

Der jüdische Geschäftsmann Max Eisenstein und sein nichtjüdischer deutscher Partner Martin Schulse betreiben eine außerordentlich gutgehende Kunstgalerie in San Francisco, Kalifornien. Im Jahre 1932 übersiedelt Schulse von San Francisco nach München, wo er überzeugter Nationalsozialist wird. In den Briefen zeichnet sich der Verlauf des Schicksals ab. Die Geschichte nimmt ein dramatisches Ende.

„Selten ist so viel in solcher Dichte ausgedrückt worden“, heißt es in einer Rezension von L‘Humanité. „Welche Hellsichtigkeit! Und welche Kraft!“

Zur Premiere am Montag, den 8. November spricht um 19 Uhr der Landesbeauftragter für politische Bildung Dr. Christian Meyer-Heidemann. Weitere Vorstellungen folgen am Donnerstag, den 11., am Mittwoch, den 17. Sowie am Freitag, den 26. November, jeweils um 19 Uhr. Zusätzlich werden für Schulen aus Schleswig-Holstein drei Vormittags-Aufführungen verlost. Informationen und Anmeldungen über den Landesbeauftragten für politische Bildung unter https://www.politische-bildung.sh/. Veranstalter sind der Verein Mahnmal Kilian e.V. und der Landesbeauftragte für politische Bildung. Zu den 4 Abendvorstellungen ist eine Anmeldung erforderlich unter info@Kriegszeugen.de oder Telefon 0431 – 260 630 9.

Thespis

Die Direktorin und Erfinderin des Kieler Thespis Monodramafestivals Jolanta Sutowicz und der Festivaldramaturg Jens Raschke beziehen den Flandernbunker schon lange als Spielstätte in ihr facettenreiches Programm ein. Und jedes Mal gelingt es ihnen, etwas passendes für den einstigen Befehlsort im Zweiten Weltkrieg ausfindig zu machen.

Drei Programmpunkte sind 2021 geplant:

Das Festival startet im Flandernbunker am Sonnabend, den 13. November um 16 Uhr mit dem Stück „santna“ von Marcin Bortkiewicz, Polen. In dem Stück nach Thomas Mann findet sich eine Schüssel mit heißem Wasser, zwei Stühle und ein großer junger Mann, der behauptet, kein Schauspieler zu sein. Sein Name ist Serenus Zeitblomm und er ist gekommen, um die Geschichte über das Leben und den tragischen Tod von Adrian Leverkuhn, einem musikalischen Genie, und dessen mysteriöse Begegnung mit dem Teufel zu erzählen.
Basierend auf Thomas Manns Roman DOKTOR FAUSTUS verwickelt Marcin Bortkiewicz das Publikum immer wieder überraschend in seine Erzählung, und wenn schließlich der Teufel selbst auf der Bühne erscheint, ist jeder bereit, ihm aus der Hand zu fressen …

Marcin Bortkiewiczs Darstellung brachte ihm bislang über ein Dutzend nationale Theaterpreise sowie zahlreiche hervorragende Kritiken, u.a. beim Prague Open Mozart Festival und dem Edinburgh Festival, ein. Er war damit bereits 2003 bei THESPIS zu Gast. Mittlerweile ist er auch als Filmregisseur und Drehbuchautor erfolgreich (z.B. WALPURGISNACHT, 2015). Regie führt Stanisław Miedziewski.

Zwei Tage später heißt es am 15. November um 18 Uhr „die stimme im schrank“ mit Martin Engler nach einer Erzählung von Raymond Federman. Federman zählt international zu den einflussreichsten Vertretern der literarischen Avantgarde. Der franko-amerikanische Schriftsteller und Literaturwissenschaftler jüdischer Abstammung wurde 1928 in Paris geboren. Seine „wirkliche“ Geburt datiert er jedoch auf den 16.7.1942, jenen Tag, an dem in Paris mehr als 13.000 Menschen verhaftet und von den Nazis in die Todeslager deportiert wurden. Raymonds Eltern und beide Schwestern wurden in Auschwitz umgebracht. Er selbst überlebte, weil seine Mutter ihn in einem Wandschrank verbarg.

In seinem halluzinatorischen Bericht in deutscher Sprache, simultan auf Englisch und Französisch verfasst, fragt sich «Federman», Schriftsteller und literarische Figur zugleich, wie dieses Schlüsselereignis nacherzählt werden kann und ob überhaupt. Oder ob die Reduktion des eigenen Lebens auf einen einzigen Moment nicht der größte aller Schrecken ist. Oszillierend zwischen dem Erleben und der Erinnerung daran, beschwört er das Trauma mit verbaler Verve und Gewalt.

Martin Engler hat Teile der englischen und französischen Original-Versionen des Textes zusammen mit der deutschen Übersetzung als sprachmusikalische Partitur montiert. Emma Lily Karier lotet den Raum mit Multiphonics und Klangfetzen aus und öffnet damit die Schranktür einen Spalt breit ins Über-Leben.

Shine on you crazy Raymond! Begleitet wird das 45-Miuntenstück von Emma Lily Karier mit Musik und Saxofon. Anschließend wird ein Publikumsgespräch angeboten.

Schließlich wird am Sonnabend, den 20. November um 16 Uhr in einem Vortrag mit Bildern, Filmen und Musik an einen europäisch-afrikanischen Völkerrechtsbruch erinnert: „mariem hassen. die unbeugsame stimme (der westsahara). Die seit Jahrzehnten engagierten Zazie Schubert-Wurr und Manuel Dominguez Sanz haben diese Sängerin bis zu ihrem Tod lange begleitet und ihre Musik sowie ihre Themen publik gemacht.

Weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit sind die nunmehr fast vierzig Jahre andauernden Geschehnisse in der Westsahara. Kurz wurde das Land ins Licht gerückt, während der Genfer Gespräche im März 2019. Der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler hat als Sonderbeauftragter des UNO-Generalsekretärs die Diskussionen zwischen den Sahraoui, Marokko und Spanien über die Zukunft des sahraouischen Staates wieder aufgenommen. Nur: eine Lösung des Konfliktes ist nicht in Sicht. Umso wichtiger sind Veröffentlichungen, die die Westsahara mit ihren wechselvollen, von Besatzung und Vertreibung geprägten Phasen immer wieder ins Gedächtnis rufen.

Das Autorenduo Manuel Dominquez und Zazie Schubert-Wurr erzählt mit Sorgfalt und Engagement die Geschichte der Begegnungen mit der Musikerin Mariem Hassan. Das Buch beginnt 1997 und lässt die Jahre bis 2015 Revue passieren. Die Texterin, Musikerin und Sängerin mit ihren Liedern, die traditionellen Wurzeln und die Weiterentwicklung ihrer Musik stehen dabei im Mittelpunkt. Anmeldung und weitere Informationen unter: www.mahnmalkilian.de . Die beiden anderen Thespis-Aufführungen sind über das Festival zu buchen unter https://www.thespis.de

Eintritt frei, Spende erbeten.

Reservierungen im Flandernbunker unter info@Kriegszeugen.de oder Telefon 0431 – 260 630 9

27. November 2021, 18 Uhr, FLANDERNBUNKER

Sag nein! - Eine Wolfgang-Borchert-Lesung zum 100. Geburtsjahr des Dichters

vom Ensemble der Schule für Schauspiel in der Landeshauptstadt Kiel

Mit dieser Lesung hat sich das junge Ensemble vorgenommen, seiner Begeisterung für Borcherts kraftvolle und anrührende Kurzgeschichten Ausdruck zu verleihen. In der Hoffnung, ein Publikum zu finden, dass ebenso fasziniert ist vom literarischen Nachlass Borcherts, dessen Gesundheit in jungen Jahren durch Krieg und Inhaftierung geraubt und unwiderruflich zerstört wurde. Geboren 1921, starb er nur 26-jährig, einen Tag bevor sein später weltweit bekanntes Drama „Draußen vor der Tür“ in Hamburg uraufgeführt wurde. Details auf www.schule-fuer-schauspiel.de

Eintritt frei, Spende erbeten.

Reservierungen im Flandernbunker unter info@Kriegszeugen.de oder Telefon 0431 – 260 630 9
oder bei der Schule für Schauspiel: Telefon: 0431 - 71 41 51
oder adl-zentrale@t-online.de

Zurück